„Das geplante OMV-Gaskraftwerk Haiming hat nationale Bedeutung“

(11.06.2011)

Das Halbzeit-Interview: Landrat Erwin Schneider zur Energiewende, zur gut gemeisterten Wirtschaftskrise und zur Spitzenstellung des Landkreises - Altötting/Burghausen. Herr Landrat, die Wahlperiode ist zur Hälfte vorbei. Wie fällt Ihr Urteil aus - positiv oder negativ? Schneider: Ich bin sehr zufrieden. Wir haben gemeinsam mit dem Landkreis Mühldorf unsere Sparkassen in ein neues Zeitalter geführt. Die Klinikreform wurde zum Abschluss gebracht - jetzt wird kräftig in die Krankenhäuser investiert. Unsere Landkreisschulen wurden und werden weiter auf Vordermann gebracht. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat auch den Landreis gebeutelt. Hat sich die regionale Wirtschaft wieder erholt? Schneider: Wir haben uns mehr als erholt. In manchen Sparten werden Höchststände erreicht, wie sie nicht einmal vor der Krise bestanden. Und wie geht es den Kommunen? Schneider: Den Städten und Gemeinden geht es unterschiedlich. Hier lässt sich keine allgemein gültige Aussage treffen. Der Landkreis hängt ja über die Kreisumlage am Tropf der Städte und Gemeinden. Wie werden sich die Kreisfinanzen entwickeln? Schneider: Wir sind kein ,medizinischer Fall‘ und hängen deshalb auch nicht am Tropf der Städte und Gemeinden. Die Kreisumlage als unsere wesentlichste Einnahmequelle ist vom Gesetzgeber verbindlich vorgeschrieben, um überörtliche Aufgaben zu erfüllen. Die Kreisfinanzen 2012 und 2013 sind bereits vorgezeichnet. Wir gehen in finanziell hervorragende Jahre, in denen es gilt, weiter in Schulen, Krankenhäuser und Infrastruktur zu investieren. Was bedeutet das für die Investitionsfreude vor allem im Schulbereich: Welches sind die nächsten Projekte und welcher Zeitplan wird verfolgt? Schneider: Wir werden Anfang 2012 beginnend eine Mehrzweckhalle am Aventinus - Gymnasium errichten. Fertigstellung wird 2013 sein. Für das Kurfürst-Max-Gymnasium, ebenfalls in Burghausen, soll eine neu zu errichtende Zweifachsporthalle Ende 2013/Anfang 2014 fertiggestellt sein. Die Erweiterungen der Berufsschule und der beruflichen Oberschule in Altötting sind in der Konzeption. Mit dem Beginn der Bauarbeiten rechne ich 2012. Bleiben wir beim Thema Bildung: Ein weiterer Schwerpunkt wird auf eine Forschungs- und Lehranstalt auf Hochschulniveau gelegt. Wie sieht Ihr Plan aus, und wo liegt der inhaltliche Fokus? Konzept zum Thema Hochschule Schneider: Es haben dazu bereits mehrere wichtige Gespräche stattgefunden - unter anderem mit Prof. Dr. Staudigl von der Wacker Chemie, Dr. von Au von der Südchemie und TU-Präsident Prof. Hermann. Darüber hinaus habe ich mich vor Ort am Technologiecampus in Teisnach informiert. Derzeit sind wir in der Konzepterstellung. Dieses Konzept wird dann der Bayerischen Staatsregierung vorgestellt. Das Thema Energie wird dabei eine entscheidende Rolle spielen. Wie sieht der langjährige Befürworter der Atomenergie Landrat Schneider die Energiewende persönlich? Schneider: Energie, vor allem Strom, ist gerade für unseren Landkreis extrem wichtig. Es geht dabei aber nicht nur um die Verfügbarkeit, sondern vor allem auch um den Preis. Das Unglück in Japan hat leider endgültig gezeigt, dass eine derartige Katastrophe zwar äußerst unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich ist. Würde ein ähnliches Unglück bei uns passieren, wären weite Teile unseres Landes quasi unbewohnbar. Das ist nicht zu verantworten. Es muss jetzt alles getan werden, um auch den regenerativen Strom preisgünstig zu erzeugen, damit unser Standort Deutschland, insbesondere auch unser Landkreis weiterhin wettbewerbsfähig bleibt. Welche Rolle spielt die Wasserkraft, im Speziellen die Innkraft - auch im Hinblick auf die Beteiligungen an der VERBUND-Tochter? Schneider: Unsere Entscheidung, auf Wasserkraft zu setzen, war ein Blick ganz weit über den Tellerrand hinaus. Es ist immer schon ein wesentlicher Bestandteil meiner Politik, längerfristig zu denken und zu handeln. Es ist bedauerlich, dass viele Kommunen und Stadtwerke, die die Chance einer Beteiligung gehabt hätten, diese Möglichkeit verschliefen. Strom aus Wasserkraft ist die einzige regenerative Energie, die derzeit zu Marktpreisen ohne Subventionen produziert werden kann. Und wie geht es Ihrer Meinung nach mit dem Gaskraftwerk in Haiming weiter? Schneider: Das Gaskraftwerk in Haiming wird und muss meiner Meinung nach gebaut werden. Es war vor Fukushima schon klug, dieses Kraftwerk zu bauen. Nach Fukushima ist es geradezu alternativlos, weil Gaskraftwerke für den Übergang von der Kernkraft zur erneuerbaren Energie eine wichtige Rolle spielen. Dieses geplante Kraftwerk hat unter diesem Gesichtspunkt sogar nationale Bedeutung erlangt. Ein wichtiges Thema war in den vergangenen Jahren darüber hinaus die Krankenhauspolitik. Das Kommunalunternehmen steht gut da, Millioneninvestitionen sind auf dem Weg. Sind Sie zufrieden, wie geht es weiter? Kooperationen im Kliniksektor Schneider: Auch hier haben wir langfristig gedacht und gehandelt. Leider werden wir mit einer aktiven Krankenhauspolitik nie ganz zum Ende kommen. Die Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen ändern sich beinahe täglich. Neue rechtliche Vorgaben oder modernste wissenschaftliche Erkenntnisse sowie die wirtschaftliche Ein- und Ausgabenseite lassen es nicht zu, dass man sich auf dem Erreichten ausruht. Langfristig lassen sich meines Erachtens kommunale Kliniken nur dann wirtschaftlich betreiben, wenn sie über Landkreisgrenzen hinweg kooperieren und sich abstimmen. Das zu versuchen, wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein. Die Verkehrsinfrastruktur ist ein entscheidendes Thema. Wie wollen Sie Druck auf den Bund ausüben, dass Autobahnbau und Bahnausbau im Zeitplan bleiben? Schneider: Der Autobahnbau ist im Zeitplan. Meine Aussage vor einigen Jahren, bis 2018 in Richtung München fertig sein zu können, ist auch in der Realisierung näher gerückt. Ich bin hier gemeinsam mit den Abgeordneten im Land- und Bundestag ständig dabei, die zeitgerechte Finanzierung der A 94 einzufordern. Beim Bahnausbau hat sich der von uns schon vor vielen Jahren eingeschlagene Weg als richtig herausgestellt, den zweigleisigen Ausbau und die Elektrifizierung ins Chemiedreieck als Teil der Transeuropäischen Magistrale Paris-Bratislava zu sehen. Und wie können innerhalb des Landkreises Straßenbaumaßnahmen forciert werden - einerseits die Sanierung maroder Kreisstraßen, andererseits der Neubau dringend notwendiger Umfahrungen wie in Burghausen und Burgkirchen? Schneider: Bei der geplanten Umfahrung von Burghausen, als Verbesserung der B 20, sind wir gut vorangekommen. Die konkreten Planungen dazu haben wir vor kurzem in Auftrag gegeben. Die Umfahrung Burgkirchen ruht derzeit, vor allem weil die Gemeinde aktuell nicht in der Lage wäre, ihren Hälfteanteil zu übernehmen. Bei den Kreisstraßensanierungen müssen wir in den nächsten beiden Jahren deutlich Gas geben. Wir brauchen über mehrere Jahre hinweg 5 Millionen Euro im Haushalt des Landkreises, um die Kreisstraßen auch langfristig gut in Schuss zu halten. Ich hoffe, dass der Kreistag da mitmacht. Herr Schneider, Sie haben ja schon angekündigt, 2014 erneut kandidieren zu wollen und den Landkreis weiterhin entscheidend mitgestalten. Welche Vision haben Sie vom Landkreis Altötting im Jahr 2020? An Ideen fehlt es nicht Schneider: Das Wort ,Vision‘ gefällt mir nicht besonders, weil es einerseits überstrapaziert wird und andererseits oft dann benutzt wird, wenn man gerade keine konkreten Ideen hat. Mein Ziel ist es - wie auch in der Vergangenheit über den Tag hinaus denkend - den Landkreis Altötting weiter voran zu bringen. Für alle Bereiche, für die wir die Verantwortung tragen, streben wir - soweit nicht schon Fakt - einen Spitzenplatz in Bayern an. Ideen dazu habe ich mehr als genug. Interview: Erwin Schwarz, Alt-Neuöttinger Anzeiger

Von: http://www.pnp.de/region_und_lokal/landkreis_altoetting/burghausen/

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Im Gewerbegebiet Unterer Soldatenmais soll das Gas- und Dampf-Kraftwerk der OMV entstehen. In Zeiten der Energiewende wird dem fossilen Brennstoff Gas eine zentrale Rolle zugeschrieben; der Landkreis ist mithin Vorreiter. (Foto: ANA/Willmerdinger)

Landrat Erwin Schneider.