Die neue Vitalität der Altstadt: Neuansiedlungen und Investitionsprojekte

(14.10.2013)

WiföG-Geschäftsführer Anton Steinberger im Interview zum Wirtschaftsrevival in Grüben und Altstadt - Burghausen. Bis Anfang der 50er Jahre war die Altstadt auch das Zentrum des Geschäftslebens in Burghausen. Durch die rasante Entwicklung der Neustadt und den Wegzug der Geschäfte und des Handwerks in die neu entstandene „Siedlung“ oberhalb der Salzach begann der wirtschaftliche Niedergang der Altstadt, der trotz vielfältigster Bemühungen seitens der Stadt und privater Investitionsversuche an die sechs Jahrzehnte andauerte. Erst im Laufe der letzten drei Jahre ist ein echter Aufschwung sichtbar geworden. In der aktuellen Ausgabe des Altstadtmagazins (AM) erläuterte Anton Steinberger, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Burghausen mbH (WiföG), was seiner Meinung nach zum „Wirtschaftsrevival“ der Altstadt beigetragen hat. AM: Herr Steinberger, nach langen Jahren des Auf und Ab vor allem in den Grüben der Altstadt ist aus einem zarten Pflänzchen ein echtes Aufblühen des Geschäftslebens festzustellen, zahlreiche neue Geschäfte und Handwerksbetriebe haben sich in den letzten Monaten angesiedelt: Auf welche Faktoren bzw. Umstände führen Sie das zurück? Anton Steinberger: Für die positive Entwicklung der letzten Zeit haben sicherlich mehrere Faktoren eine Rolle gespielt. Erstens war und ist es nach wie vor die politische Absicht die Altstadt und insbesondere die Grüben zu beleben, Geschäfte anzusiedeln und altes Handwerk in alten Mauern zu etablieren. Dafür gibt es seit rund zehn Jahren ein Förderdarlehensprogramm mit klaren Vergabekriterien und klaren Zielsetzungen, was bei vorherigen Programmen nicht der Fall war: So müssen seither die persönlichen Qualifikationsanforderungen durch die Antragsteller erfüllt werden und die Darlehen müssen banküblich abgesichert sein. Drittens schließlich das dafür gesteckte generelle Ziel die Aufenthaltsqualität in der Altstadt nachhaltig zu erhöhen und dafür einen attraktiven Mix aus gewerblichen Ansiedlungen, Gastronomie, Kultur und Wohnen herzustellen. Dieses Ziel hat man jetzt erreicht, der Mix funktioniert, wie man an der Dichte der gewerblichen Kleinunternehmen, der hervorragende Gastronomie mit Szenelokalen, dem vielfältigen und hochqualitativen Kulturangebot von der Josefskirche bis zum Mautnerschloss und den vielen bereits gelungenen oder gerade in Bau befindlichen Wohnraumprojekten sieht. Hinzu kommt die intakte Nahversorgung als wichtiger Attraktivitätsfaktor der Altstadt: Es gibt den Altstadtmarkt als gut sortiertes Lebensmittelgeschäft, eine Metzgerei, Bäcker, Bioladen und künftig auch ein Fairtrade-Geschäft. Ein weiterer wichtiger Faktor für das wirtschaftliche Revival der Altstadt hat sich aber gerade in den letzten beiden Jahren herauskristallisiert: Immer mehr Betreiber von Geschäften oder Handwerksbetrieben in der Altstadt sind auch zu Eigentümern ihrer Objekte geworden – bei ihnen zeigt sich deutlich, dass sie mit einer ganz anderen Energie und einem hohen Respekt an die Nutzung und den Erhalt der alten Gebäudesubstanz herangehen, als dies bei reinen Mietern oder Pächtern der Fall ist. Das erzeugt natürlich eine völlig andere Nachhaltigkeit. AM: Gibt es für die nächste Zeit bereits weitere konkrete Ansiedlungsabsichten? Anton Steinberger: In Vorbereitung sind diverse Ansiedlungen und Neubesetzungen von Geschäftsräumen: Der Laden „Gustl Grau“ mit handgefertigter Mode und Accessoires aus Walkloden sowie selbstgemachtem Schmuck ist am 11. Oktober in die ehemalige historische Schuhmacherwerkstatt am Bichl eingezogen. Es folgen dann noch eine Keramikwerkstätte, ein Goldschmied, ein Wellness- und Beauty-Geschäft, eine Bildungseinrichtung und wie schon erwähnt ein Fairtrade-Laden. AM: Es werden zunehmend Häuser- und Wohnungssanierungen in den Grüben vorgenommen, zumeist sehr aufwendig und ein hohes Einkommensniveau für Miete oder Kauf vorausgesetzt. Wie könnte sich das Potential dieser künftigen Bewohnerschaft auf das Wirtschaftsleben in der Altstadt auswirken? Anton Steinberger: Es wird künftig mehr Bewohner mit hoher Kaufkraft geben, die sich natürlich für Angebote eines seriösen Einzelhandels oder Dienstleistungen direkt vor Ort, mit entsprechendem Preisniveau, interessieren und diese auch wahrnehmen werden. Eine Luxus-Meile wie in der Salzburger Getreidegasse sollen die Grüben aber nicht werden, sondern eine gut funktionierendes Konglomerat aus Einzelhandel, Kunsthandwerk, lebendiger Kunst- und Kulturszene und guter Gastronomie.  Das wirkt dann wie ein Anziehungsmagnet für Besucher, Kunden oder auch ansiedlungswillige Familien und ist ein wichtiger Baustein für die weitere Entwicklung der Lebensqualität der Altstadt. AM: Sehen Sie noch weitere Standortmöglichkeiten mit guten Chancen und Potentialen in der Altstadt? Anton Steinberger: Am Stadtplatz ist es bereits sehr dicht, hier ist fast alles voll. Hier könnten sich noch Potentiale in einem fertig sanierten Seitzgebäude (Anm. AM: Das Gebäude mit dem Bistro Yves im Erdgeschoss) ergeben oder vielleicht im Taufkirchen-Palais. In den Grüben gibt es noch einige Objekte, die allerdings mit hohem Aufwand nutzbar gemacht werden könnten. Die beiden aktuell laufenden großen Gebäudesanierungen in den Grüben, bei denen in hochwertigste Wohnungen und auch tolle neue Geschäftsräume investiert wird, zeigen aber, dass so etwas wirtschaftlich machbar ist. Diese positiven Beispiele können damit durchaus motivierend für weitere Investoren sein. Die WiföG hilft dafür nicht nur mit Förderdarlehen, sondern leistet gerne Unterstützung mit Beratung und Ideen aus dem langjährigen Erfahrungsschatz! Ich bin jedenfalls optimistisch, dass es in diesem Stil langfristig weitergehen wird. AM: Gibt es eine Vision Altstadt-Grüben 2020 bzw. wie könnte Ihrer Meinung nach das Leben hier dann aussehen? Anton Steinberger: Die Hoffnung ist, dass sich dann die bestehenden hochwertigen Geschäfte und Dienstleistungen und die lebendige Kulturszene fest etabliert haben. Insgesamt sollte eine Stabilisierung des Bestands erreicht sein. Dafür wird es aber notwendig sein Konzepte weiter zu entwickeln und Impulse zu nützen, die wir aus den speziellen Altstadt-Projekten und der Zusammenarbeit mit der FH Rosenheim und auch der Akademie für gestaltende Kunst München bekommen. Weiterhin wird es wichtig sein die Besucher- und Touristenströme von der Burg mit der Altstadt und insbesondere mit den Grüben zusammenzuführen – dafür wird eine wie auch immer geartete Verbindung zwischen Burg und Altstadt in Form eines Aufzugs, egal wo der dann vorhanden wäre, ein sehr wichtiger Punkt sein.

Zahlen & Fakten

Die Altstadt ist Burghausen viel Wert Das gepflegte Erscheinungsbild der Altstadt sorgt bei Besuchern und Einheimischen immer wieder für große Überraschung und Begeisterung. Und auch hinter dem Wirtschaftsrevival in den Grüben und am Stadtplatz steckt hohes finanzielles Engagement der Stadt und ihrer Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Das historische Zentrum der Salzachstadt ist der Kommune also viel wert, wie die nachfolgenden Zahlen und Fakten allein der letzten drei Jahre eindrucksvoll zeigen:

  • So wurden für bauliche Tätigkeiten und Planungen seitens der Stadtverwaltung in den Jahren 2010 bis Mitte 2013 insgesamt rund 610.000 Euro aufgewendet. Beispielsweise für Pflaster- und Fahrbahnerneuerungen, Planungen für das Parkdeck Zaglau und den Burgaufzug oder die neue LED-Grübenbeleuchtung. Die Neugestaltung des Bader-Bauer-Platzl, des Bräugartls und des Veranstaltungs-Podiums am Bichl sind darin ebenso enthalten wie außergewöhnliche Pflegemaßnahmen für das Natur- und Badeparadies Wöhrsee.
  • Hinzu kamen direkte Städtebauförderungsmaßnahmen in Höhe von rund 150.000 Euro.
  • Insgesamt investierte die Stadt Burghausen von 2010 bis Mitte 2013 in die Altstadt über eine dreiviertel Million Euro.
  • Für die Wirtschaftsförderung in der Altstadt wurden von 2010 bis 2012 117.000 Euro als Darlehen gewährt, über 11.000 Euro wurden als Zuschüsse an Existenzgründer vergeben.

Aktuelle Informationen zum Wirtschaftsstandort Altstadt hier

Von: WiföG/mko

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Besonders die Grüben unterhalb der weltlängsten Burg haben in den letzten eineinhalb Jahren einen unübersehbaren Vitalitätsschub erhalten und glänzen zunehmend als überregional bekannte Kultur-, Veranstaltungs- sowie Handwerks- und Facheinkaufsmeile. (Foto: BTG)

Die aktuellste Neueröffnung ist "Gustl Grau", in dem Inhaberin Heike Aichinger seit 11. Oktober in den Grüben 162 handgefertigte Mode und Accessoires aus Walkloden sowie selbstgemachten Schmuck anbietet. (Foto: KommExpert)