„Mautpläne Schlag für den Handel und Schwächung der Region“

(25.07.2014)

SPD- und SPÖ-Politiker fordern bei Treffen in Burghausen gemeinsam mit IHK eine Rücknahme des CSU-Konzeptes - Auch Berufspendler zu Chemiewerken wären betroffen - Burghausen. Sozialdemokratische Politiker aus Deutschland und Österreich, Wirtschaftsvertreter von der IHK, der Betriebsrat der Wacker Chemie AG, des größten Arbeitgebers in der Region, sprechen sich einhellig gegen die von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ins Spiel gebrachten Mautpläne aus. Der Tenor bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, 23. Juli in Burghausen: Dies sei „ein Verstoß gegen den europäischen Gleichheitsgrundsatz, ein Schlag für den Handel und eine Schwächung des ländlichen Raumes.“ Gemeinsam forderten die Teilnehmer des Burghauser Treffens, das Konzept zurückzunehmen, ehe der Imageschaden für Deutschland „katastrophale Ausmaße“ annehme. Die Teilnehmerriege erstreckte sich vom Kommunalpolitiker bis zum Land- und Bundesabgeordneten, die am Mittwochnachmittag in der Salzachstadt zusammengetroffen war, um mit IHK- und Arbeitnehmervertretern zu reden. Bayern-SPD-Chef Florian Pronold war darunter, MdB Bärbel Kofler, auch MdL Günther Knoblauch, für die österreichische Seite unter anderem Nationalratsabgeordneter Harry Buchmayr und Landtagskollege Erich Rippl. Was sie von den Plänen halten, künftig für alle Straße eine Maut zu erheben und im Gegenzug die deutschen Autobesitzer über eine niedrigere Kfz-Steuer zu entschädigen, daraus machten sie keinen Hehl: Es sei „eine Diskriminierung und ganz klar ein Verstoß gegen den europäischen Gleichheitsgrundsatz“, sagte Buchmayr bei einer Pressekonferenz im Burghauser Bürgerhaus. In den vergangenen Jahrzehnten seien die einstigen Gegensätze stetig abgetragen worden, jetzt allerdings „würden Grenzen neu aufgebaut“. Sowohl er als auch Erich Rippl machten klar, dass sie sich nicht grundsätzlich gegen eine Maut in Deutschland stemmen - doch müssten dabei die In- und Ausländer gleich behandelt werden. Zudem gebe es seit Jahrzehnten einen europaweiten Konsens, wonach niederrangige Straßen mautfrei sind, fügte Buchmayr an. Dass eine Maut auf allen Straßen für den grenzüberschreitenden Handel negative Folgen haben wird, steht sowohl für die Politik- als auch für die Wirtschaftsvertreter außer Frage. „Uns ist es wichtig, einen Austausch ohne Behinderungen zu haben“, sagte Sabine Lehmann von der IHK für München und Oberbayern, während MdL Günther Knoblauch den hohen grenzüberschreitenden Kundenstrom in der Grenzregion ansprach. In vielen Grenzorten seien 40 Prozent der Einzelhandelskunden Österreicher. Durch eine allumfassende Maut würden Existenzen gefährdet. Hinzu kämen der Tourismusbereich und die Berufspendler. Harry Buchmayr zufolge fahren alleine aus dem Bezirk Braunau täglich 5200 Pendler nach Bayern. Die Burghauser Wacker Chemie mit ihren 10 000 Beschäftigten zählt rund 1500 Einpendler. Dass diese wegen 100 Euro Maut jährlich gleich kündigen, glauben zwar auch die SPD- und SPÖ-Politiker nicht, jedoch könne der Betrag bei der Lehrstellensuche durchaus entscheidend sein, wie MdL Günther Knoblauch sagte: „Da werden Fachkräfte gesucht und dann verlangt man Eintrittsgeld“. Zumal es nicht nur um die 100 Euro gehe, „sondern um den Ärger, der sich daraus entwickelt“, wie Erich Rippl seinem bayerischen Kollegen beipflichtete. Wie der Verkehrsetat auf anderem Wege aufgestockt werden kann, darüber gingen die Meinungen auseinander. Die Politik müsse „endlich Kante zeigen“, sagte Wacker-Betriebsratsvorsitzender Walter Ortner und forderte eine allgemeine, also auch deutsche Autofahrer belastende Maut, um damit Problemen wie dem schleppenden A 94-Bau Herr zu werden. Unterstützung fand er darin bei Burghausens Bürgermeister Hans Steindl. Die A 94-Geschichte sei eine „Bankrotterklärung“ des deutschen Verkehrsfinanzsystems, sagte er und brachte das Thema damit auch Auswärtigen näher, etwa den zahlreichen überregionalen Medienvertretern, darunter Kamerateams von ZDF und ORF.

Von: WiföG/mko

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Grenzregionen wie Burghausen und das bayerische Chemiedreieck befürchten negative Auswirkungen einer auf Bundes- und Landstraßen ausgeweiteten Mautgebühr: Betroffen sein könnten Wirtschaft und Handel, z. B. durch Belastungen für Berufspendler und Einkaufende aus Österreich. (Foto: Harlander)