Anton Steinberger: Jahrzehnte lang aktiv für Wirtschaft und Region

(11.08.2014)

WiföG-Geschäftsführer zieht „Zwischenbilanz“ im Interview mit der Passauer Neuen Presse und nennt aktuelle und künftige Baustellen - Burghausen/Töging. Über drei Jahrzehnte war Anton Steinberger im Handwerk der beiden Landkreise Altötting und Mühldorf fester Ansprechpartner für die Betriebe, Dreh- und Angelpunkt für die Kreishandwerkerschaft, die Innungen und ihre angeschlossenen Unternehmen. Vor wenigen Wochen war Verabschiedung von Kreishandwerkerschaft und Wirtschaftsservice-Zentrum in Töging. Zugleich steht er seit über zehn Jahren auch in anderen Initiativen und Einheiten der regionalen Wirtschaftsförderung an der Spitze und wird hier auch noch eine Weile weiterarbeiten. Herr Steinberger, als wäre die Arbeit in der Kreishandwerkerschaft und in der Betriebsberatung noch nicht genug, haben sie im Lauf der Jahre noch weitere Aufgaben auf sich genommen. War es ihnen in Ihrer Position bei der Kammer langweilig? Anton Steinberger: Nein, weiß Gott nicht. Der Aufbau der Kreishandwerkerschaft als zentralen Dienstleister für die angeschlossenen Betriebe in den beiden Landkreisen und die Beratung waren an sich eine respektable Herausforderung. Aber dazu gehört auch, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist. Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union haben sich nicht nur die Wettbewerbssituation in der Region, Herausforderungen und Chancen, verschoben. Unabhängig davon war im Landkreis Altötting die Abschaltung der Öfen zur Gewinnung von Primär-Aluminium bei der VAW in Töging in den 90er Jahren ein gewaltiger Einschnitt ins regionale Wirtschaftsleben. Aber wie war das Handwerk davon betroffen? Steinberger: Wir dürfen das Handwerk und seine Betriebe, ob sie nun ein paar oder ein paar hundert Mitarbeiter haben, nie isoliert von der Gesamtwirtschaft und der Einbindung dieser Betriebe ins Wirtschaftselben einer Region sehen. Der Beitritt Österreichs zur EU Mitte der 90er Jahre hat nicht nur eine neue Wettbewerbssituation für unsere - bis dahin - Grenzregion mit sich gebracht, sondern auch neue Chancen für unsere Betriebe im Nachbarland eröffnet. Und die Stillegung der Aluminium-Elektrolyse-Öfen im VAW Konzern? Steinberger: Auch hier gilt, dass Handwerksbetriebe vor allem in einem guten gesamtwirtschaftlichen Umfeld florieren können, auch wenn sich gerade im Wettbewerb um Mitarbeiter manchmal eine Konkurrenz-Situation ergeben kann. Im Fall der VAW war das genau anders rum: Hier wurden plötzlich hunderte von Arbeitnehmern freigesetzt, die mit der Einstellung der Elektrolyseöfen und damit auch der bis Anfang der 90er Jahre breit aufgestellten Aluminium-Industrie in Töging ihren Arbeitsplatz verloren haben. Für das Gros dieser Arbeitnehmer sollten neue Arbeitsplätze im Mittelstand gefunden werden. Gibt es da nicht immer wieder grundsätzliche Bedenken, dass mittelständische Unternehmen, zumal kleinere Handwerksbetriebe nur ungern Mitarbeiter aus der Industrie übernehmen wollen? Steinberger: Diese Bedenken hat es tatsächlich gegeben - und auch anfängliche Kritik am Vorgehen. Damals wurde nicht nur die Standortentwicklungsgesellschaft in Töging gegründet, aus der dann das Gründerzentrum hervorgegangen ist. In einer gemeinsamen Anstrengung seitens der Kreishandwerkerschaft mit dem damals neuen Töginger Bürgermeister Horst Krebes, mit dem damaligen Altöttinger Landrat Seban Dönhuber, mit Sigi Richter und Erwin Schmitzberger von der Gewerkschaft, aber auch mit dem damaligen Chef des damals zuständigen Arbeitsamtsbezirks Pfarrkirchen, Hans Krämer, ist es gelungen, über Zusatzqualifikationen und zwischenzeitlicher Beschäftigung in einer Gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassungegesellschaft über 200 ehemalige Mitarbeiter der VAW vor allem in mittelständische Unternehmen mit Handwerkshintergrund zu vermitteln. Das war ein schöner Erfolg, den manche Kritiker zunächst nicht für möglich gehalten hatten. Das Gründerzentrum in Töging ist meines Wissens das einzige aus jener Zeit, das immer noch erfolgreich arbeitet. Damals entstanden auch die ersten Aktivitäten gemeinsam mit Oberösterreich. Steinberger: Ein erster Schritt war die Gründung der ersten Inn-Euregio, um gemeinsam mit Partnern in Braunau und Ried im Innkreis gemeinsam betreffende Themen anzugehen. Damals wurden aber auch im Städtebund Inn-Salzach die ersten Weichen gestellt, um gemeinsam die Region und das wirtschaftliche Umfeld voranzubringen, nicht nur mit Blick auf Partnerschaft oder Wettbewerb mit Österreich, sondern auch mit Blick auf ein Behaupten und Profitieren im Umfeld der Metropolregion München. Ich war damals erster Geschäftsführer des Städtebunds. Zu den ersten Aktionen zählten grenzübergreifende Messen ... Steinberger: Genau. Der gemeinsame Wirtschaftsraum sollte in ein rechtes Licht gerückt werden. Erste Themen waren Technologie oder Bildung. Zu den Zielen gehörte außerdem die Bewusstseinsbildung bei Handwerksbetrieben und Mittelständlern in der Region, worauf die Industrie Wert legt, aber auch die Darstellung des regionalen Potenzials für die Beschaffung in der Industrie. Warum sollte auswärts eingekauft werden, was auch in der Region - zu beiden Seiten von Inn und Salzach verfügbar ist. Ende der 90er Jahre gab es auch die ersten Bildungsmessen und wenig später auch die erste Weiterbildungsmesse, die „InnEuWiB“ in der Region. Und was ist daraus geworden? Steinberger: Die Ausbildungsmessen mit einem breitgefächerten Angebot sind seit Jahren ein recht erfolgreiches Instrument in den Landkreisen - sowohl für die Unternehmen, um sich und ihre Berufsbilder zu präsentieren, aber auch für die Jugendlichen, um sich ein Bild von künftigen Artbeitgebern zu machen und Entscheidungshilfen für ihr Berufsleben zu finden. Und die Region präsentiert sich mittlerweile auch auswärts, zum Beispiel mit dem Städtebund auf der Bildungsmesse in Salzburg oder an der Karrieremesse IKOM an der TU München. Und dann sind die Aufgaben der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Burghausen dazugekommen? Steinberger: Burghausens Bürgermeister Hans Steindl hat mich zu Beginn des letzten Jahrzehnts gefragt, ob ich da nicht die Geschäftsführung übernehmen wollte. Und wir haben uns dahin gehend geeinigt, dass diese Aufgabe nicht nur auf die Stadt Burghausen allein zugeschnitten wird, sondern sich dem wirtschaftlichen Gedeihen im ganzen Landkreis widmet - auch im Verbund mit der Wirtschaftsservice Gesellschaft und dem zu Beginn des Jahrzehnt gebauten Wirtschaftsservice-Zentrum in Töging. Eine der ersten Aktionen war der Bau des Bussinesscenters in Burghausen, oder? Steinberger: Das stimmt - allerdings nicht als unmittelbares Projekt der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, sondern eher mittelbar, über eine Beteiligung der AUBG, der Altöttinger Unternehmensbeteiligungsgesellschaft am Burghauser Unternehmen Odevis. Und dieses Unternehmen wiederum hat das Business Center in Burghausen gebaut, heute mit Sicherheit eines der modernen Wahrzeichen am Eingang zur Stadt. Stichwort AUBG: Was verbirgt sich dahinter? Wird die nicht aufgelöst? Steinberger: Die AUBG hatte in ihrem Zuschnitt, aber auch in ihrer Aufgabenstellung eine Pionierrolle in ganz Bayern als Instrument der Mittelstands- und Förderpolitik für Unternehmensgründer. Bis zu ihrer Gründung hatte es keine Initiative mit öffentlich-rechtlicher und privater Beteiligung gegeben, um Beteiligungskapital auch in kleineren Tranchen für Unternehmen und Gründer bereitzustellen. Zweck der AUBG war es von Anfang an, durch die Verbreiterung der Eigenkapitalbasis mittelständischen Unternehmen mehr Spielraum für ihre Zukunftsplanung zu geben. Neun Investoren hatten die AUBG mit 2,2 Millionen Euro ausgestattet. Etwas über 50 Prozent wurden von den privaten Investoren aufgebracht, das sind InfraServ und Raiffeisen-Volksbank. Gründungsgesellschafter der AUBG sind Kreissparkasse Altötting- Burghausen, Raiffeisen-Volksbank im Landkreis Altötting eG, InfraServ GmbH & Go. Gendorf KG, Landkreis Altötting, Stadt Burghausen, Stadt Altötting, Stadt Töging, Gemeinde Burgkirchen und Gemeinde Garching. Würden Sie die AUBG als Erfolgsmodell bezeichnen? Steinberger: Das darf man mit gutem Gewissen. Zugegeben, nicht alle Beteiligungen waren auf Dauer erfolgreich, aber einige Unternehmen haben sich sehr erfolgreich behauptet und sind im Landkreis Altötting gehalten worden, zum Teil auch mit Partnerschaft der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft. Allerdings gibt es mittlerweile viele Angebote an Beteiligungskapital für kleinere und mittelgroße Unternehmen in einer breiten Staffelung an Beteiligungsbeträgen. Etwas salopp formuliert könnte man die AUBG als Vorläufer der Burghauser Wirtschaftsbeteiligungsgesellschaft oder gar der RegioInvest sehen? Steinberger: Diese Gesellschaften gehen sicher in die gleiche Richtung, sind aber doch was anderes. Die Herausforderung in Burghausen als überregionales Wirtschaftszentrum ist nicht nur, den Bestand zu sichern, sondern auch weitere Investitionen zu ermöglichen. Und hier kommt nun mal die von Bund und Land nicht in der von der Region benötigten Schnelligkeit die Infrastruktur ins Spiel. Lange hat es gedauert, bis die A 94 in einem absehbarem Zeitrahmen fertig gestellt wird. Auch da gehörte das Engagement im Verein „Ja zur A 94“ zu meinen Aufgaben. Das vorrangige Ziel der RegioInvest GmbH, ebenfalls mit öffentlich rechtlicher und privatwirtschaftlicher Beteiligung ist allerdings der Bau und die Bereitstellung des Kombiterminals. ...zweifellos das größte Infrastrukturprojekt aller regionalen Initiativen über die zurückliegenden Jahre zusammengenommen und das nicht nur auf das bezogen. Steinberger: Mit Sicherheit. Andere Regionen, die vor Jahren ebenfalls so ein Terminal haben wollten, beneiden uns darum und auch um die verhältnismäßig kurze Zeit, in der es fertig gestellt wurde. Aber es ist noch nicht in Betrieb? Steinberger: Der Probebetrieb ist bereits angelaufen und ich bin sicher, das wir in Kürze auch die bürokratischen Hürden genommen haben, um in den Regelbetrieb über zu gehen. Stichwort Grüben: Wie bilanzieren sie die Entwicklung in diesem Teil der Burghauser Altstadt. Steinberger: Die Wiederbelebung war und ist nicht immer so leicht, wie man sich das wünschen würde. Aber ich glaub, hier ist auch mit dem Engagement der Anlieger über die vergangenen Jahre ein gewaltiger Fortschritt erzielt worden. Auch in der Nahversorgung ist es gelungen, den Lebensmittelmarkt in den Grüben zu halten. Und wie schaut es mit dem Salzachzentrum aus? Wird das noch was? Steinberger: Auch hier gilt, das manches nicht so schnell geht, wie man sich das wünscht. Man muss bei dem Ziel, Kaufkraft in der Stadt zu bündeln sehen, dass es viele Unternehmen gibt, die nicht in Städte unter 50 000 oder 80 000 Einwohner gehen. Dennoch bin ich zuversichtlich, das wir uns auch hier auf einem guten Weg befinden. Und die Entwicklung der Hochschullandschaft? Haben hier nicht der Landkreis Altötting und Burghausen das Nachsehen? Steinberger: Das sehe ich nicht so. Die Entwicklung des Dualen Studiums nimmt auf der Ebene der Landkreise Altötting und Mühldorf einen guten Weg. Und auf der höchsten Ebene ist das internationale Studien- und Begegnungszentrum in Raitenhaslach ebenfalls eine Einrichtung in Kooperation mit der TU München im Entstehen, mit der andere Regionen nicht aufwarten können. Das Gespräch führte Ernst Deubelli Quelle: http://www.pnp.de/nachrichten/wirtschaft/heimatwirtschaft_oberbayern/  

Anton Steinberger im Kurzportrait

„Warum ich noch weiter arbeite? - Weil ich Arbeit nie als Frage des Lebensalters oder von Lebensabschnitten verstanden habe, sondern stets auf Aufgaben und Projekte bezogen“, sagt Anton Steinberger, der nach seinem 65. Geburtstag bereits vor ein paar Wochen aus seiner langjährigen Position als Geschäftsleiter der Kreishandwerkerschaft und des Wirtschafts Service Zentrums in Töging verabschiedet wurde, aber noch weiterhin für die regionale Wirtschaft aktiv ist, zum Beispiel für die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Burghausen, die RegioInvest oder die Wirtschaftsbeteiligungsgesellschaft Burghausen. Anton Steinberger, Jahrgang 1949, stammt ursprünglich aus Reischach im Holzland, wo seine Eltern eine Bäckerei gepachtet hatten. Er besuchte in Burghausen das Aventinus Gymnasium und erlernte nach dem Abitur in der elterlichen Bäckerei, die  sein  Vater  mittlerweile in Pietling bei Fridolfing gekauft hatte, das Bäckerhandwerk und schloss seine Ausbildung als Innungsbester ab. In Rosenheim studierte er Betriebswirtschaft bis zum Diplom und machte zusätzliche Ausbildungen als REFA-Ingenieur und als Rechtsbeistand am Landgericht Traunstein. Der Weg zum Handwerk schien durch das Elternhaus und den erlernten Beruf vorgezeichnet, führte dann aber erst durch einen Umweg zur Kammer und zur Tätigkeit in den Landkreisen Altötting und Mühldorf.Der Kontakt sei bei einem Referat für den Informationskreis der Wirtschaft im Landkreis Traunstein entstanden, erinnert sich Steinberger. Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Traunstein hatte in angesprochen und wollte ihn als Nachfolger gewinnen. Das war gegen Ende der 70-er Jahre. Über einen ersten Auftrag bei der Kammer in der Zusammenlegung der Kreishandwerkerschaften in den Kreisen Garmisch und Weilheim-Schongau erfolgte dann doch der Einstieg in die Arbeit in der Region. Durch eine Vakanz in den Kreisen Altötting und Mühldorf warteten hier nicht nur Aufgaben in der Kreishandwerkerschaft, sondern auch in der handwerklichen Betriebsberatung. Ein besonderer Charme habe sich nicht nur darin gezeigt, die Politik und Arbeit der Kammer stets aus der Sicht eines Handwerkers zu sehen und an den eigenen Erfahrungen Ende der 80er Jahre zusammen mit seiner Frau übernommenen Bäckereibetrieb zu messen und umzusetzen. Dieser Standpunkt, so Anton Steinberger in der Rückschau habe ihn stets motiviert, die Kreishandwerkerschaft als Anbieter von Dienstleistung aufzubauen und zu gestalten, die sich stets am Bedarf des Mittelstandes orientiert. Und wie wird es weitergehen? Über die Verantwortung in der Wirtschaftsförderung in Burghausen, aber auch in der RegioInvest wird es im kommenden Herbst eine Klausursitzung geben. An künftigen Projekten soll es in Ergänzung zu aktuellen Vorhaben nicht fehlen. So wäre durchaus die Gründung einer eigenen Energieversorgung vorstellbar, sagt Steinberger, sieht aber Burghausen bereits in den vielen Bereichen des Wirtschaftslebens bestens aufgestellt, zum Beispiel mit Blick auf Kultur und Tourismus. Und privat? Die Bäckerei der Familie ist zu einem respektablen Mittelstandsunternehmen mit über 30 Mitarbeitern geworden und wird in der Familie erfolgreich gemanagt, da könnte vielleicht doch noch Zeit bleiben, für ein Traumziel - den Atlantik per Segelboot zu überqueren. - ede Quelle: http://www.pnp.de/nachrichten/wirtschaft/heimatwirtschaft_oberbayern/

Von: http://www.pnp.de/nachrichten/wirtschaft/heimatwirtschaft_oberbayern/

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WiföG-Geschäftsführer Anton Steinberger. (Foto: KommExpert)

Das Business Center an der Einfahrt zur Neustadt ist Sitz der WiföG und hat sich als modernes Wahrzeichen Burghausens etabliert. (Foto: KommExpert)