Wasserstoff-Initiative im Chemiedreieck nimmt Fahrt auf: RegioInvest gründet Plattformgesellschaft

(21.12.2020)

Plattform für das konkrete Projekt eines „H²-Real-Labors“ – Nicht nur ideelle Modellregion, sondern auch wirtschaftliche Wertschöpfung im Fokus

Burghausen. Das Projekt kommt voran: Vor kaum einem Jahr ist im Landkreis Altötting, im Zentrum des Bayerischen Chemiedreiecks, mit Unterstützung durch Landtagsabgeordneten Dr. Martin Huber der Startschuss zur Wasserstoff-Initiative gefallen. Mittlerweile ist ein Projekt der Wacker Chemie AG mit einem Industriepartner zum Aufbau einer industriellen Nutzung des Wasserstoffs in Burghausen in Vorbereitung. Und nun nimmt auch des Projekt der RegioInvest, nicht nur eine ideelle Pilot- und Modell-Region für Einsatz und Potenzial von Wasserstoff in der Klimastrategie zu sein, sondern auch mit Blick auf wirtschaftliche Wertschöpfung, Fahrt auf.

„Nächster Schritt ist die Gründung einer neuen Gesellschaft für eine Plattform für das konkrete Projekt eines `H²-Real-Labors‘“, betont RegioInvest-Geschäftsführer Anton Steinberger. Real-Labor, hinter diesem Begriff steckt ein ganzes Paket an Aufgaben, die von Industrie und Politik, aber auch mit der Wissenschaft und dem Expertenwissen des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) gelöst werden sollen. Zwei Grundvoraussetzungen für den Erfolg einer Wasserstoff-Strategie sind wettbewerbsfähige Industrie-Strompreise und kalkulierbare Perspektiven. Denn nach aktuellem Stand rechnet sich die Wasserstoffwirtschaft noch nicht. Trotzdem nehmen erste Projekte konkrete Form an.

Zum Start der Initiative entstand die Idee, im Güterverkehrszentrum Burghausen, an der Schnittstelle von Bahn, Straße und Industrie, eine Wasserstoff-Tankstelle einzurichten, zunächst für Fahrten im Binnenverkehr. Der Platz ist bereits reserviert, Spediteure und Busunternehmen aus der Region haben Interesse angemeldet. Es mangelt allerdings noch an LKW mit Wasserstoff-Antrieb. Hier gibt es inzwischen eine Kooperation mit dem Vilshofener Unternehmen Paul, um Fahrzeuge auf Wasserstoff im Antrieb umzurüsten. Mit der im Güterverkehrszentrum Burghausen ebenfalls präsenten DB Cargo BTT ist eine Kooperation in Vorbereitung, um Prototypen von Waggons zum Transport von Wasserstoff weiterzuentwickeln.

In der Strategie für die nächsten Jahre gehören diese Aspekte der Mobilität zum ersten Modul. Hier könnte auch ein Beitrag zur Wirtschaftlichkeit von Wasserstoff und damit zum Einstieg in die Technologie sein, wenn Wasserstoff-Transporter und mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge von Maut befreit würden, wie es in der Schweiz der Fall ist, wenn Steuern günstiger sind oder ganz entfallen.

Eine Aufgabe für die Politik – und hier setzt man auf Erfahrung und Knowhow der Chemieverbände – ist es, ein neues Normenverständnis zu entwickeln, zum Beispiel für bislang „grauen Wasserstoff“, der als Nebenprodukt in Chemischen Prozessen anfällt. Im Fokus der Strategie in Deutschland und Europa ist aktuell vor allem der „grüne Wasserstoff“, der per Elektrolyse mit Strom aus Windkraft und Fotovoltaik gewonnen wird. Der sogenannte „graue Wasserstoff“ wird derzeit energetisch genutzt, also verbrannt, ohne ihn höherwertig für eine Klimastrategie einzusetzen.

Im zweiten Modul des Real-Labors, um den konsequenten Weg der Klimastrategie zu beschreiten und auch wirtschaftlichen Nutzen aus der Wasserstoff-Technologie zu ziehen, stehen eine klimaneutrale Transformation der chemischen Industrie, der Aufbau eines umfassenden Wasserstoff-Verbundes am Standort, aber auch die die Nutzbarmachung von Koppelprodukten und die Ansiedelung neuer Verfahren im Fokus.

Wird geprüft: Wasserstoff aus Reststoffen des Müllheizkraftwerks
Geprüft wird, inwieweit sich eine junge Technologie (Plagazi-Verfahren) eignet, Wasserstoff aus Reststoffen im Müllheizkraftwerk Burgkirchen zu gewinnen. Im dritten Modul geht es schließlich um die Entwicklung neuer Verfahren und Geschäftsfelder, aber auch um die Entwicklung von Speichertechnologie. Die Einbindung des Forschungs- und Entwicklungspotenzials am Campus Burghausen ist bereits in Vorbereitung. Hier sollen ein Masterstudiengang und ein eigener Lehrstuhl für die Wasserstoff-Technologie entstehen.

Zur Finanzierung ist Anton Steinberger optimistisch. In Bayern gibt es bisher kein einziges „H²-Real-Labor“. Eine vergleichbare Einrichtung in Brandenburg habe vom Bund ein Budget von 300 Millionen Euro erhalten, könne es aber bei weitem nicht ausnutzen, weil man dort nicht die Fülle von konkreten und realistischen Projekten und vor allem auch nicht die Infrastruktur der Projektpartnerschaft, wie sie im Chemiedreieck zum Beispiel in der RegioInvest gegeben ist, habe.

Zur Finanzierung und zeitnahen Umsetzung der Vorhaben sei man bereits in engem und konstruktivem Kontakt mit MdB und Innenstaatssekretär Stephan Mayer, betont Anton Steinberger. Außerdem gebe es keine Konkurrenz in der Projektförderung, denn Wacker mit Industriepartner haben ihr Projekt bei der EU eingereicht, die RegioInvest wende sich an den Bund.

Von: ANA/WiföG

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Auf dem Gelände des Güterverkehrszentrums Burghausen ist bereits eine Fläche für eine Wasserstofftankstelle vorgesehen.