Energiesicherheit und „Genehmigungsturbo“ für das bayerische Chemiedreieck gefordert

(23.03.2022)

Delegation der Initiative ChemDelta Bavaria trägt Interessen der Region nach Berlin und nimmt Abgeordnete in die Pflicht

Burghausen/Berlin. Die Folgen der Energiewende, eine immer stärker ausufernde Genehmigungs-Bürokratie, dazu die wirtschaftlichen Unsicherheiten, welche der Krieg in der Ukraine neben all dem menschlichen Leid mit sich bringt – eine ganze Reihe an fundamentalen Sorgen treibt die Unternehmen des Bayerischen Chemiedreiecks aktuell um. Um diese an die politischen Zuständigen zu adressieren und mögliche Lösungswege zu erörtern, waren Verantwortliche der Interessenvertretung ChemDelta Bavaria jetzt in Berlin zu Besuch.

In der Bundeshauptstadt diskutierten unter anderem ChemDelta-Lenkungskreisvorsitzender und Wacker-Werkleiter Dr. Peter von Zumbusch, Sprecher Dr. Bernhard Langhammer, Dr. Markus Born, Geschäftsführer der Bayerischen Chemieverbände, sowie Dr. Christoph von Reden, Leiter des Chemieparks Gendorf, und AlzChem-Vorstandsvorsitzender Andreas Niedermaier fraktionsübergreifend mit Abgeordneten des Deutschen Bundestags.

Trotz eines für viele Mitgliedsunternehmen guten Geschäftsjahrs 2021 sei die Lage ernst, in manchen Bereichen geradezu dramatisch. Die aktuellen Energie-Unsicherheiten und die damit verbundenen Preissteigerungen bei Gas und Strom etwa würden die Kosten für einige Betriebe in wirtschaftlich nicht mehr darstellbare Dimensionen treiben. Deutschland entkopple sich gerade vom Weltmarkt und insbesondere von der in China ansässigen Konkurrenz, befand Andreas Niedermaier mit Blick auf die sich immer weiter öffnende Energiekostenschere. Schon zu „Normalzeiten“ würden sich die Wettbewerber in Asien und Übersee über deutlich niedrigere Energiepreise freuen. Infolge der deutschen Energiewendepläne und zuletzt der Ukrainekrise habe sich die Lage noch spürbar verschärft. Vor diesem Hintergrund unterstützten die ChemDelta-Vertreter eindringlich die Position von Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, keinen Gas-Importstopp gegen Russland zu verhängen. Bayern sei nahezu vollständig von russischem Gas abhängig, dieses sei auch durch vermehrte Flüssiggas-Importe über Norddeutschland nicht einfach zu ersetzen. Ein Versorgungs-Aus hätte dramatische Folgen für die bayerische Chemieindustrie zur Folge, so die ChemDelta-Befürchtung. Nicht erst seit dem russischen Überfall auf die Ukraine bereitet das Thema Energiesicherheit und Energiepreise den ChemDelta-Verantwortlichen Kopfzerbrechen. Zwar stellte Lenkungskreis-Vorsitzender Peter von Zumbusch in der Berliner Diskussionsrunde heraus, dass man die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Klimaziele – „gerade als Ingenieure und Naturwissenschaftler“ – aktiv vorantreiben und den Wandel mitgestalten wolle, doch dürfe nicht aus dem Blickfeld verloren werden, die Energieversorgung sicherzustellen, zumal zu weltmarktfähigen Preisen.

Schon heute würden die 18 Mitgliedsunternehmen von ChemDelta Bavaria rund 5,4 Terawattstunden Strom pro Jahr benötigen, was in etwa acht Prozent des gesamtbayerischen Verbrauchs entspricht. Infolge der Energiewende werde dieser Bedarf noch deutlich ansteigen, weil bislang auf fossilen Brennstoffen basierende Produktionsprozesse durch zwar klimaneutralere, aber stromintensive Alternativen ersetzt werden sollen. Allein der aus dem Chemiedreieck initiierte Plan, das bislang auf Rohöl-Basis hergestellte Flugbenzin des Münchner Flughafens durch klimafreundlichere Alternativen zu ersetzen, würde einen rechnerischen Strombedarf von 4600 großen Windrädern oder 660 Quadratkilometern Photovoltaik-Fläche nach sich ziehen. Dabei sehen sich die hiesigen Unternehmen mit der Situation konfrontiert, dass selbst beim bestehenden Energiebedarf unklar ist, wie dieser hierzulande klimaneutral aus erneuerbaren Quellen abgedeckt werden kann. Und für den künftigen Mehrbedarf fehlen derzeit nicht nur die Energieressourcen, sondern auch die Leitungen, um die Energie ins Chemiedreieck zu befördern. Entsprechend mahnten die ChemDelta-Verantwortlichen in Berlin einen zügigen Ausbau neuer Stromtrassen und Wasserstoffpipelines an.

Bei den Abgeordneten in der Diskussionsrunde stießen die Industrievertreter mit ihren Anliegen auf weitgehend offene Ohren. Dieter Janecek (Grüne) etwa sagte mit Blick auf die Ukrainelage und eventuelle Laufzeitverlängerungen für konventionelle Kraftwerke, dass im Fall des Falles kurzfristig der Aspekt Versorgungssicherheit wichtiger sein müsse als der Klimaschutz. Rückhalt seitens der Bundestagsabgeordneten gab es auch für die ChemDelta-Forderungen zur Straffung und Reformierung der behördlichen Genehmigungsprozesse. Bislang sehen sich die Unternehmen mit oftmals jahrelangen Genehmigungsverfahren konfrontiert, mit personell unterbesetzten Ämtern und überholten Organisationsstrukturen. Die Transformation, die angesichts des politischen Ziels, die Bundesrepublik bis 2045 klimaneutral zu machen, einher geht, sei unter den bisherigen Bedingungen unmöglich zu schaffen, mahnte Dr. Bernhard Langhammer an. „Wir brauchen eine gänzlich andere Herangehensweise an Genehmigungsverfahren“, befand auch Dr. Christoph von Reden, der forderte, dass aus der bisherigen „Verhinderungsplanung“ eine „Ermöglichungsplanung“ werden müsse. Es brauche einen „Genehmigungsturbo“, so der InfraServ-Geschäftsleiter.

Zusätzlich zur Diskussionsrunde mit den Abgeordneten in den Räumen der Bayerischen Landesvertretung brachte die ChemDelta-Delegation ihre Anliegen auch bei Gesprächsterminen in den Bundesministerien für Wirtschaft und Klima sowie für Bildung und Forschung vor. Auch nutzten die Mitglieder der Initiative den Besuch für ein Gespräch mit Verantwortlichen des Übertragungsnetzbetreibers TenneT.

Von: http://www.chemdelta-bavaria.de

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In der Bundeshauptstadt diskutierten unter anderem ChemDelta-Lenkungskreisvorsitzender und Wacker-Werkleiter Dr. Peter von Zumbusch, Sprecher Dr. Bernhard Langhammer, Dr. Markus Born, Geschäftsführer der Bayerischen Chemieverbände, sowie Dr. Christoph von Reden, Leiter des Chemieparks Gendorf, und AlzChem-Vorstandsvorsitzender Andreas Niedermaier fraktionsübergreifend mit Abgeordneten des Deutschen Bundestags.

Schon heute benötigen die 18 Mitgliedsunternehmen von ChemDelta Bavaria (im Bild der Chemiepark Gendorf als Beispiel) rund 5,4 Terawattstunden Strom pro Jahr, was in etwa acht Prozent des gesamtbayerischen Verbrauchs entspricht. Infolge der Energiewende werde dieser Bedarf noch deutlich ansteigen, weil bislang auf fossilen Brennstoffen basierende Produktionsprozesse durch zwar klimaneutralere, aber stromintensive Alternativen ersetzt werden sollen.