Zwischen Digitalisierung und Tradition: 50 Jahre Berufsbildungswerk Burghausen

(23.09.2022)

Seit der Eröffnung vor 50 Jahren setzt das BBiW Trends in der Berufsausbildung sowie in der Fort- und Weiterbildung

Burghausen. Südlich des WACKER-Werks treffen sich täglich zahlreiche junge Menschen in einem ganz besonderen Gebäude: dem Berufsbildungswerk Burghausen (BBiW). In hochmodernen Lehrtechnika, Werkstätten und Laboren lernen sie gemeinsam und werden fit gemacht für ihre berufliche Zukunft. Parallel werden im BBiW rund 600 Nachwuchsfachkräfte für WACKER und 20 weitere Partnerfirmen aus der Region ausgebildet. Zum diesjährigen Ausbildungsstart begrüßt die Institution nicht nur die neuen Auszubildenden, sondern feiert auch ein ganz besonderes Jubiläum: 50 Jahre Berufsbildungswerk Burghausen.

Dass das Thema Ausbildung und Qualifikation von Fachkräften bei WACKER schon immer einen hohen Stellenwert hat, zeigt ein Blick ins Archiv. Hier finden sich schon aus dem Jahr 1921 erste Lehrverträge. Geworben für eine Ausbildung bei WACKER wurde mit einem Zeitungsinserat: „Für befähigte Knaben von 15-16 Jahren aus gutem Haus bietet sich Gelegenheit zur Ausbildung als Laborant im chemischen Laboratorium.“

1930 folgte die Gründung einer vereinigten Werkschule mit Lehrwerkstatt in Kooperation mit dem Innwerk Töging. Schnell fand die Ausbildung bei WACKER hohen Anklang. In den 50er Jahren wurden Eignungs- und Gesundheitsprüfungen eingeführt. Exemplarische Berufe aus dem Jahr 1955 sind: Glasbläser, Elektriker, Schlosser und Laborant.

Auf dem Stundenplan der Auszubildenden stand damals neben Sport und Literatur auch Anstandsunterricht. In den 60er Jahren wurden dann erstmals auch Frauen zur Ausbildung zugelassen.

1969 begannen mit der Stiftungsgründung die Pläne zum Bau des Berufsbildungswerks Burghausen. Die feierliche Eröffnung des Gebäudekomplexes fand am 1. September 1972 statt. Eckdaten des BBiW 1972/1973: 510 Ausbildungsplätze, 26 Lehrer und Ausbilder, 2.750 Quadratmeter Laborgebäude, 2.715 Quadratmeter Werkhalle + Galerie, 411 Quadratmeter Lehrtechnikum, 1.400 Quadratmeter Grundausbildung.

Bereits ein Jahr nach der Eröffnung wurde das angrenzende Jugendgästehaus eingeweiht. Noch heute bietet es mit 78 möblierten Einzelzimmern Platz für die jugendlichen Auszubildenden, die nicht in unmittelbarer Nähe zu ihrer Ausbildungsstätte wohnen.

Der 1. September 1980 markiert ein wichtiges Datum: Die ersten vier weiblichen Azubis begannen ihre technische Ausbildung zur Energieanlagen-Elektronikerin bzw. Industriemechanikerin. Auch 30 Jahre später ist es dem BBiW ein wichtiges Anliegen, Mädchen für technische Berufe zu begeistern – so zum Beispiel beim jährlichen Girls´Day.

1985 zogen die ersten Computersysteme im BBiW ein. Im PC-Schulungsraum standen den Auszubildenden hochmoderne IBM-Computer, Grafikmonitore, Maxidrucker und Plotter sowie die aktuellste Software zur Verfügung.

In Sachen berufliche Weiterbildung war Februar 1988 ein Meilenstein: 39 Teilnehmer des ersten berufsbegleitenden Chemikantenkurses schlossen ihre Prüfung mit Erfolg ab, zehn davon mit Auszeichnung. Der Prüfung gingen 16 Monate wöchentlicher Unterricht im BBiW voraus – neben der normalen Schichtarbeit. Bis heute haben über 1.300 Teilnehmende insgesamt 33 Kurse besucht. Seit Oktober 2021 läuft der 34. Kurs.

Im Jahr 1988 begann etwas, das noch immer Tradition im BBiW hat: 155 neue Auszubildende fuhren im September 1988 zur Einführungswoche nach Siegsdorf und Eisenärzt. Seither nimmt jeder neue Ausbildungsjahrgang im September an den Einführungswochen teil, um sich gegenseitig kennenzulernen und um gemeinsam berufsspezifische Themen zu erarbeiten.

1992 trat eine wichtige Gesetzesänderung in Kraft, die Frauen Nachtarbeit erlaubte. Daraufhin begannen im September 1992 die ersten drei Frauen im Beruf Chemikantin ihre Ausbildung. Am 11. Mai 1993 wurde das Lehrtechnikum 2 im neuen Anbau des BBiW eingeweiht. 10,7 Millionen Mark wurden investiert, 20 weitere Ausbildungsplätze für Chemikanten konnten geschaffen werden.

2015 wurde der Pumpenlehrpfad eingerichtet. Hier lernen die Auszubildenden zum Chemikanten die verschiedenen Arten von Pumpen sowie deren jeweilige Funktionsweise und Inbetriebnahme in der chemischen Produktion kennen. 2019 wurde ein neuer Simulator eingefahren. Angehende Chemikanten können hier in einer Übungs-Messwarte simulierte Situationen bearbeiten und über ein komplexes Prozessleitsystem die Produktion der Übungsanlagen steuern. 

Seit der Eröffnung vor 50 Jahren setzt das BBiW Trends in der Berufsausbildung sowie in der Fort- und Weiterbildung. Um den hohen technischen Standard für eine innovative Ausbildung zu gewährleisten, wird Jahr für Jahr in die Ausstattung der Technika, Werkstätten und Labore investiert. „Für die Wacker Chemie AG ist die Berufsausbildung und damit die Fachkräftesicherung für die Zukunft sehr wichtig“, sagt Richard Stubenvoll, Leiter der Berufsausbildung bei WACKER und Geschäftsführer des BBiW. „Das BBiW ist eine Stiftung der Wacker Chemie AG und finanziert sich hauptsächlich über die Ausbildungsbeiträge der Partnerfirmen. Der weitaus größte Finanzierungsanteil kommt hierbei von WACKER. Erst im vergangenen Jahr hat WACKER zusätzlich drei Millionen Euro in die Berufsausbildung investiert.“

Dank dieser Einnahmen ist es dem BBiW möglich, neue Standards für die Ausbildung zu setzen: So werden jedem Auszubildenden im BBiW seit 2019 zur Lernunterstützung Tablets zur Verfügung gestellt, 2020 wurde ein neuer Prozessleitsimulator für die Ausbildung von Chemikantinnen und Chemikanten in Betrieb genommen. „Aktuell wird die Mehrzweckanlage erneuert. Die Elektrowerkstätten wurden Großteils neu ausgestattet, Pneumatik und Hydraulik erscheinen seither in neuem Glanz“, berichtet Stubenvoll. Weitere große Investitionen sind bereits geplant: „Wir werden in den nächsten Jahren weit über zehn Millionen Euro zur Erhaltung und Modernisierung der Infrastruktur investieren. Im Teilprojekt 1 wird beispielsweise die Lüftung erneuert“, erklärt der Geschäftsführer.

Doch der Erfolg des BBiW ist von mehreren Faktoren abhängig, wie Stubenvoll betont: „Maßgeblich ist hierbei die hervorragende Zusammenarbeit mit den Partnerfirmen sowie mit der Altöttinger Berufsschule um Leiter Carlo Dirschedl. Und nicht zuletzt sind es die mehr als 40 hauptberuflichen Ausbilderinnen und Ausbilder des BBIW, die sich mit großem Engagement und pädagogischem Geschick um die Nachwuchskräfte kümmern.“

Gemeinsam konnten in der Vergangenheit viele Herausforderungen gemeistert werden: „Die Aufrechterhaltung der Ausbildung im BBiW während der Corona-Pandemie vor allem während der Lockdowns mit Homeschooling, Abstands-, Lüftungs- und Hygienekonzepten war etwas, das es so noch nie in der 50-jährigen Geschichte des BBiW gab“, ist sich Stubenvoll sicher. „Hier war uns vor allem die Unterstützung durch das Landratsamt Altötting eine große Hilfe.“ Und auch für die Zukunft gilt es, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Als Herausforderung benennt der Geschäftsführer des BBiW hier vor allem den Fachkräftemangel: „WACKER kann aktuell noch alle Ausbildungsplätze besetzen. Dennoch: Die Zahl der Bewerbungen geht zurück. Daher müssen wir uns mit Blick auf die Zukunft vor allem für die duale Ausbildung stark machen.“

Über das BBiW:
Das Berufsbildungswerk Burghausen (BBiW) ist eine zertifizierte Lehreinrichtung für Berufsbildung. Im Rahmen beruflicher Erstausbildung, Umschulung, Fort- und Weiterbildung ist das BBiW traditionell anerkannter Dienstleister für ausbildende Unternehmen vielerlei Branchen. Von der Rekrutierung Auszubildender über die Organisation und Durchführung der Ausbildung oder einzelner Lehrgänge bis zur Vorbereitung zur Abschlussprüfung ist das BBiW kompetenter Partner für ausbildende Unternehmen.

Das BBiW ist eine Stiftung des bürgerlichen Rechts. Sie wurde 1969 von der Wacker Chemie AG gegründet und verfolgt ausschließlich unmittelbar gemeinnützige Zwecke der Ausbildung, Umschulung, Fort- und Weiterbildung Jugendlicher und Berufstätiger.

  • Stiftungsvorstand:Angela Wörl (Vorsitzende), Dr. Peter von Zumbusch, Erwin Schneider
  • Stiftungsrat:Florian Schneider (Vorsitzender), Dr. Thomas Kürn, Manfred Köppl, Jochen Englmeier, Beate Rohrig, Beate Trost, Philipp Wimmer
  • Geschäftsführung:Richard Stubenvoll

Von: http://www.wacker.com/burghausen

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Seit 50 Jahren gibt es das Berufsbildungswerk. Offiziell gefeiert wird am 28. September.

Ein Blick in die WACKER-Lehrwerkstatt der 1950er Jahre.

Das Berufsbildungswerk Burghausen bei der Eröffnung im Jahr 1972.

Zu den Errungenschaften der vergangenen Jahre gehören eine Übungsmesswarte für die angehenden Chemikanten und ein Prozessleitsimulator.