Hohe Investitionen und Tonnageerhöhung im Chemiedreieck: Bahnausbau drängt

(26.01.2012)

Gesprächsrunde zum Bahnausbau München – Mühldorf: Fortschritt in Etappen - Erding/Burghausen. Kleine Schritte gehen, ohne das große Ziel aus den Augen zu verlieren: Das war der Tenor einer hochkarätig besetzten Gesprächsrunde zum Thema Bahnausbau München-Mühldorf im Gasthaus z´ Loh bei Dorfen. Dr. Willi Kleine, Werkleiter des Burghauser Standorts der Wacker Chemie AG, betonte die Dringlichkeit eines schnellen Ausbaus der Bahnverbindung für das Bayerische Chemiedreieck, in dem nicht nur in den nächsten Jahren "mehrere hundert Millionen Euro investiert werden, sondern sich auch das Transportvolumen auf mehr als sieben Millionen Tonnen erhöhen wird". „Wo hakt es, wo muss man anschieben?“ – Unter dieser Fragestellung hatte Landrat Martin Bayerstorfer Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer, Bayerns Wirtschafts- und Verkehrsminister Martin Zeil und den DB-Konzernbevollmächtigten Klaus-Dieter Josel um einen kurzen Sachstandsbericht zum Ausbau der Bahnstrecke gebeten. Bayerstorfer skizzierte die Situation für den Landkreis Erding: „Die Bevölkerung in Er-ding und die Zahl der Pendler nimmt immer weiter zu, der Stau zu Stoß-zeiten wird größer. Der Flughafen München hat steigende Zahlen, seine Erschließung über Straße wie Schiene ist unzureichend, er hat keinen Fernbahnanschluss.“ Diese Defizite seien symptomatisch für den Raum östlich des Flughafens. Bundesverkehrsminister Ramsauer betonte, das Projekt sei unbedingt in ganz große Zusammenhänge einzuordnen, weshalb ihn die Anwesenheit von Ellen Kray sehr freue. Kray ist Beraterin des EU-Koordinators Professor Péter Balázs für die Europäische Eisenbahnachse Paris-Bratislava via München-Mühldorf-Freilassing. Beim Ausbau der Bahnstrecke seien bereits Zwischenetappen erreicht worden. Ramsauer verwies auf die Inbetriebnahme des zweigleisigen Abschnittes von Ampfing bis Mühldorf und des elektronischen Stellwerkes für Tüßling-Burghausen, wodurch die tägliche Frequenz von 35 auf 61 Züge erhöht werden konnte. Es sei eine spürbare Entlastung erreicht worden. „Prima unterwegs“ sei man auch mit dem Planfeststellungsverfahren für den Abschnitt Mühldorf-Tüßling, das nun in der Anhörung ist. Das Eisenbahnbundesamt hat die Pläne vergan-genen Donnerstag verschickt. Wenn alles glatt gehe und keine Klagen kommen, könne der Planfeststellungsbeschluss 2013 ergehen und dann auch 2013 mit dem Bau begonnen werden. Ramsauer: „Wir arbeiten an der Beseitigung der dringendsten Engpässe. Das Gesamtziel bleibt der durchgehende zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der gesamten Strecke.“ „Verkehrsminister Ramsauer und ich schieben die Fortschritte gemeinsam an“, hob Bayerns Verkehrsminister Zeil hervor und fügte hinzu, dass diese aus Sicht des Freistaates dennoch nicht weit genug gingen. Es gehe zum einen um die Zukunft einer wirtschaftlich wichtigen Region abseits der Ballungszentren und um 25 000 Arbeitsplätze bei der chemischen Industrie, also konkret um zukünftige Investitionen und weiteres Wachstum dieser für die Region zentralen Branche. Zum anderen sei der Streckenausbau auch elementar für den international bedeutsamen Bahnknoten München und die Flughafenanbindung, die von der Staatsregierung mit Nachdruck vorangetrieben würden. Er appellierte an den Bund, daher endlich die chronische Unterfinanzierung des Bundesverkehrswegeplanes zu beenden. „Dabei sollten innovative Finanzierungsformen wie PPP ernsthaft geprüft werden. Die Strecke nach Burghausen kann ich mir als Pilotprojekt durchaus vorstellen“, so Zeil. Auch Klaus-Dieter Josel bezeichnete den Güterverkehr als eines der Schwergewichte auf dieser Strecke. Beim Personenverkehr komme man trotz des Einsatzes moderner DoppelstockZüge an Grenzen. Und schließlich sehe er den dringenden Bedarf, den Flughafenverkehr auf die Schiene zu bringen. „Wir kommen in Etappen voran“, sagte Josel. Auf die konkreten Bedingungen, an die der Bau der dritten Startbahn geknüpft wurde, verwies Umweltminister Dr. Marcel Huber. Die verkehrliche Erschließung des Flughafens Richtung Nordosten und Südosten „ist zwingende Voraussetzung für den Ausbau des Flughafens“. Im Umland sei die Rekrutierung weiterer Arbeitskräfte kaum möglich, und wer mit dem Zug von Mühldorf zum Flughafen fahren wolle, sei rund zwei Stunden unterwegs. „Das kann man Pendlern nicht zumuten“, stellte Huber fest. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer mahnte an, dass es das vordringliche Ziel sein müsse, das Nadelöhr zwischen Alt-Mühldorf und Tüßling spätestens bis 2016 zweigleisig auszubauen: „Hier stehen wir gegenüber den Bürgern, dem Mittelstand und anderen, aber auch der chemischen Industrie (Chemiedreieck) im Wort.“ Im Chemiedreieck stehen in den kommenden Jahren Investitionen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro an, wie Dr. Willi Kleine, Werkleiter von Wacker Chemie Burghausen, erläuterte. Das Transportvolumen werde sich auf mehr als sieben Millionen Tonnen erhöhen. Laut Kleine müsse aber nicht nur die Tonnage betrachtet werden, sondern auch das größere Volumen der Güter, da zunehmend verpackte Fertigprodukte ver-sandt werden. Daher sei der Bahnausbau aus Sicht der Industrie dringend erforderlich. Finanzierungsmodelle mahnte Landtagsabgeordneter Jakob Schwimmer an, denn die Projekte würden jetzt benötigt, „nicht erst in 20 Jahren“. Schwimmer verwies dabei ebenfalls auf die Zusage des Ministerpräsidenten, dass kein Baubeginn der dritten Startbahn erfolgen wird, bevor nicht die elementaren Infrastrukturmaßnahmen in trockenen Tüchern sind. Ein weiteres Verschieben der Walpertskirchener Spange würde also Probleme für den Bau der Startbahn mit sich bringen. Unterstützt wurde Schwimmer vom Bundestagsabgeordneten Dr. Max Lehmer: „Wir brauchen dringend die überregionale Anbindung des Flughafens.“ Das sei ein Projekt für ganz Bayern und Deutschland, „deshalb muss die Finanzierung auch aus Sondermitteln kommen“. Als wichtiges Ergebnis der Gesprächsrunde bezeichnet Landrat Bayerstorfer die Bekanntgabe von Bayerns Verkehrsminister Zeil, dass mit der Erstellung der Entwurfs- und Planfeststellungsunterlagen für den S-Bahn-Ringschluss begonnen wird, sobald die Stadt Erding sich auf eine Trasse festgelegt hat. Dies soll in den kommenden Monaten geschehen, versicherte Bürgermeister Max Gotz: „Wir werden nicht blockieren, sondern vor der Sommerpause eine Entscheidung treffen.“ Die Stadt warte lediglich noch auf Aussagen, die sich aufgrund der Bundeswehr-Strukturreform für den Fliegerhorst Erding ergeben sowie auf Aussagen des bayerischen Wirtschaftsministeriums zu Alternativplanungen im Gebiet der Stadt Erding, die ebenfalls vom Zeitplan der Bundeswehr abhängen und bis Mitte März vorliegen sollen.

Von: Landratsamt Erding, 25.01.2012

Zurück

Dezember 2010: Das zweite Gleis im Abschnitt Mühldorf-Ampfing wurde freigegeben - jetzt können die Anhörungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für den Weiterbau bis Tüßling beginnen. (Foto: Willmerdinger)

Der dringende zweigleisige Bahnausbau wird von den Verantwortlichen der Chemiedreiecksstandorte, hier im Bild der Werkleiter des Industrieparks Werk GENDORF Dr. Bernhard Langhammer im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk, seit mehreren Jahren ständig betont. (Foto: KommExpert)